Den Ausspruch früher war alles Besser kennt man ja. Er ist geradezu omnipräsent. Sei es Politik, die eigene Lieblingsband, das Wetter oder auch Videospielfranchises . Aber wir Menschen neigen in der Retrospektive ganz gerne alles ein wenig mehr zu beschönigen als es wirklich war. Aus dem Grunde bietet es sich an per halb analytischer Vorgehensweise einen Wirklichkeitstest durchzuführen.
Videspielfranchises sind dem gleichen Druck unterworfen wie sämtliche andere Unterhaltungsmedien. Sie sollen sich bitteschön ständig weiterentwickeln, damit keine Langeweile aufkommt, aber gegensätzlich dazu sollen es doch so wenige Veränderungen wie möglich sein da man es ja gut findet wie es ist. Im Sommer bin ich durch den Pokemongo-Hype wieder auf das Pokemon Franchise von Nintendo und dem Entwicklerstudio Game Freak aufmerksam geworden. Seit Pokemon Gold 2001 auf dem Gameboy Advance erschien hatte ich keine Berührungspunkte mehr mit der Spielreihe. Im November dieses Jahres erscheint mit Sonne und Mond die siebte Spielgeneration für den Nintendo 3DS. Durch den oben schon erwähnten Hype um den Smartphoneableger kommt man nicht umhin in Online Gemeinschaften wie Reddit quasireligöse Glaubenskämpfe mitzulesen, ab welcher Generation Pokemon denn Schrott wurde. Oft dreht es sich um das Aussehen/den Stil der neu erscheinenden Pokemon. Nun ist das Franchise in diesem Jahre zwanzig Jahre alt geworden und es ist nicht verwunderlich, wenn es in diesem Zeitraum Änderungen gab. Man muss ja mit de, Zeitgeist mithalten. Aber gerade die Pokemonreihe steht eigentlich für Mikroanpassungen statt großer Revolution. So kam mir die Idee einen Artikel zu verfassen, der sich mit dem optischen Stil der namens gebenden Pokemon und deren Veränderungen im Laufe der Zeit auseinandersetzt.
Ich werde jeweils die drei Starter (man wählt zu Beginn des Spieles aus den Elementen Pflanze, Wasser, Feuer) der ersten sechs Generation betrachten und bewerten. Als Grundlage dienen die Artworks von Ken Sugimori dem Art Director von Game Freak.
Generation 1: Kanto
Mit diesen Pokemon fing 1996 alles an. Der Stil der Spielreihe wurde Stark von diesen Designs beeinflusst und der Konsument wird in der Zukunft immer mit diesen Ikonen den Vergleich ziehen. Auffällig ist der evolutionäre Ansatz vom niedlichen Kindchenschema hin zu harten erwachsenen Zügen. Es wirkt jeweils als ob dort ein Lebewesen einfach erwachsen wird.
Bisasam, Bisaknosp, Bisaflor
Das Pflanzenpokemon wirkt auf mich wie eine katzenartige Echse mit einer Blumenknolle auf dem Rücken. in der ersten Entwicklungsstufe ändert sich das Design nur minimal. Die Knolle öffnet sich leicht und es besitzt jetzt Farn auf dem Rücken. Die Endstufe Bisaflor hat jetzt deutlisch an Masse zugelegt. Die Knolle ist komplett aufgegangen und präsentiert eine gefährlich aussehende Blume. Anscheinend hat es jetzt auch Schuppenhaut und wirkt stark saurierartig. Alles in allem erscheint die ganze Reihe sehr stimmig, fremdartig und interessant. Definitv etwas , was es in unserer Welt nicht gibt. 5 von 5 Punkten
Schiggy, Schillok, Turtok
Das Wasserpokemon basiert auf einer Schildkröte mit einem Schwanz, der an ein Eichhorn erinnert. Für mich als großer Schildkrötenfan ist hier somit schon alles richtig gemacht worden. Schiggy steht aufrecht wodurch er sich von den real existierenden Panzerträgern abhebt. auch hier besitzt die erste Evolution nur geringfügige Änderungen wobei die Flügelartigen Ohren etwas befremdlich wirken. Mit Turtok bekommen wir dann eine selbstbewusste zweibeinige Riesenschildkröte mit zwei Wasserkanone, welche aus dem Panzer ragen. Sind die eigentlich organisch? Turtok sieht aus als ob er sich nicht die Butter vom Brot nehmen lässt. 5 von 5 Punkten
Glumanda, Glutexo, Glurak
Das Feuerpokemon Glumanda kommt als süßer Salamander mit brennender Schwanzspitze daher. Bei Glutexo ändert sich auch nicht viel außer, dass seine Haut dunkler wird und er ernster dreinschaut. Der Finalform Glurak wachsen dann noch Flügel und insgesamt ist diese Form genau wie schon bei Pflanze und Wasser erheblich größer als die vorherigen Stufen. Glurak sieht aus wie ein Drache. Das war mit Sicherheit eine gelungene Design-Entscheidung, da fast jeder von Drachen ein wenig fasziniert ist. allerdings besitzt die Feuerreihe somit am wenigsten Kreativität. 4 von 5 Punkten
Generation 2: Johto
Die zweite Generation erschien ca 5 Jahre nach der ersten. Schiggy, Bisasam und Glumanda hatten somit sehr viel Zeit sich in den Köpfen der Konsumenten festzusetzen. Zwei Dinge fallen mir fast sofort beim betrachten der neuen Starter auf. Der Evolutionsgedanke von klein und süß hin zu groß und mächtig wurde weitestgehend beibehalten. Allerdings gibt es diesmal größere Unterschiede zwischen der Basis und der der ersten Entwicklung als noch in Generation 1.
Endivie, Lorblatt, Meganie
Ich habe keine Ahnung was Endivie darstellen soll. Eine kleine vierbeinige Gurke mit Blatt auf dem Kopf? Davon ab ist es verdammt süß. Wie schon Bisasam ist das Pflanzenpokemon somit nicht direkt einem realen Vorbild zuzuordnen. Ab Lorblatt nimmt es allerdings auch wieder dinosaurierartige Züge an und Meganie ist wohl ein Brontosaurus mit Blumenkragen. Interessant, dass die Gesichtszüge der Finalform immernoch noch freundlich wirken. Ich bin Fan. 5 von 5 Punkten
Feurigel, Igelavar, Tornupto
Feurigel ist ein klein, süß und besitzt flammende Stacheln auf dem Rücken. Aus dem Igel wird so eine Art Frettchen mit Flammenirokese. In der letzten Stufe entwickelt sich das Frettchen noch in einen aggressiven Dachs. Die lodernden Flammen lassen in keiner Evolutionstufe zweifel, dass es sich hier um ein Feuerpokemon handelt und die Transformation von klein/süß zu groß/gefährlich ist sehr plausibel umgesetzt. 5 von 5 Punkten
Karnimani, Tyracroc, Impergator
Das Wasserpokemon der zweiten Edition ist ein blaues Reptil. Das war schon bei Schiggy der Fall. Gibt es hier einen Trend? Karnimani fällt jedenfalls in den Sparte süß mit frechen Blick und dürfte durchaus Spieler animiert haben ihn als erstes zu wählen. Als Tyracroc wird er größer, dicklicher und entwickelt eine Liebe zur Irokesenfrisur. Impergator dagegen hat einfach ein paar Besuche im Fitness-Studio hinter sieht und wirkt allgemein sportlicher, wobei sich am Design des Irokesenkrokodil hier nichts mehr ändert. Die Wasserpokemon Reihe funktioniert von der Plausibilität sehr gut allerdings hätte von meiner Seite her ruhig noch ein wenig mehr Variation zwischen Stufe zwei und drei vorhanden sein können. 5 von 5 Punkten
Generation 3: Hoenn
Die dritte Generation erschien ca drei Jahre nach der zweiten. Game Freak bleibt sich auf den ersten Blick treu und startet mit Kindchenschema um nach zwei Evolutionen bei den coolen Monstern den alles am Hintern vorbeigeht zu landen.
Geckarbor, Reptain, Gewaldro
Das Pflanzenpokemon Geckarbor stellt einen kleinen süßen grünen Gecko dar. Die bisherigen Pflanzenstarter hatten ja immer etwas dinoartiges und ein Gecko ist da nicht so weit entfernt. Reptain wirkt wie ein adoleszenter Geckarbor, dem anstatt Bartwuchs Blätter aus den armen wachsen. Der erwachsene Gewaldro hat dann tatsächlich in seiner Pose absolut die Ruhe weg und fühlt sich extrem cool mit seinem Farnschweif. Die Evolution ist plausibel aber es fehlt auch das gewisse Etwas. 4 von 5 Punkten
Flemmli, Jungglut, Lohgock
Verdammt ist Flemmli süß. Jeder der einen anderen Starter gewählt hat besitzt kein Herz. Allerdings fällt sofort ein fehlendes Designelement auf. Es hat keine Flamme? Es ist einfach nur ein rotes Küken. Super süß zwar aber auch super unspektakulär. Bei Jungglut ist sämtliche Niedlichkeit auch sofort verflogen. Es sieht aus wie ein jugendlicher Straßenschläger. Die dritte Form Lohgock besitzt dann auch plötzlich keine Ähnlichkeit mehr zu den vorangegangenen Formen? Dem Feuerpokemon fehlt die charakterisierende Flamme und die Evolution ist nicht ganz nachvollziehbar. 3 von 5 Punkten
Hydropi, Moorabbel, Sumpex
Hydropi hat starke Elemente vom vom Axolotl und vereinbart die Elemente süß und seltsam gekonnt in seiner Optik. Als Moorabbel lernt es aufrecht zu gehen und legt einiges an Masse zu. Sumpex gerät dann zum blauen Riesenkampflurch. Die Evolution ist nachvollziehbar aber auch hier fehlt mir wie beim Pflanzenpendant der Aha-Effekt. Die Wasserreihe ist diesmal ein Lurch statt ein Reptil, was wahrscheinlich auch dem Pflanzengecko geschuldet ist. 4 von 5 Punkten.
Generation 4: Sinnoh
Die vierte Generation folgt drei Jahre auf der dritten und man kann sehr gut eines der Pokemon Erfolgsrezepte erkennen. Es ändert sich am Grundsätzlichen Designgedanken wenig. Die Starter Pokemon wachsen wieder von klein und niedlich hin zu härteren dominanteren Formen. Interessant ist, das die Starter aus meiner Sicht eine immer stärkere Ähnlichkeit zu real existierenden Tieren vorweisen. Mangel an Kreativität bei Game Freak?
Chelast, Chelcarain, Chelterrar
Der Pflanzenstarter ist genau wie in der dritten Generation ein Reptil. Diesmal eine süße Schildkröte mit einem Blatt auf dem Kopf. Als Chelcarain entwickelt es sich eher in die Dinosaurier-Richtung mit Bewuchs auf dem gepanzerten Rücken. Als Chelterrar wird diese Idee vervollständigt indem der Panzer massiver wird und von einem kompletten Baum gekrönt ist. Das Design ist geradlinig und bietet wenig Überraschungen. 4 von 5 Punkten
Panflam, Panpyro, Panferno
Der Feuerstarter hat es bei mir schwer, da ich allgemein Affen nicht viel abgewinnen kann. Interessant ist, das nach der dritten Edition wieder das Flammenmotiv in Form des flammenden Schwanzes bei Panflam existiert. Über Panpyro zu Panferno ändert sich wenig außer erwachsenere Züge beim Affent und Flammen auf dem Kopf statt dem Schwanz. Das Design ist ist plausibel allerdings wirkt es auf mich sehr langweilig. 3 von 5 Punkten
Plinfa, Pliprin, Impoleon
Der Wasserstarter ist diesmal ein Pinguin und bricht daher die Reptil/Lurch Tradition, die ich bis dahin als vorgegeben ansah. Plinfa ist niedlich allerdings auch unspektakulär. Pliprin hat ein interessantes Kronenmuster auf dem Kopf bleibt aber doch stark am Standard Pinguin. Bei Impoleon wird der Pinguin mit dem Abendanzugthema verbunden wodurch man zwar den Pinguin nicht neu erfindet aber eine sehr imposante Erscheinung bekommt. Die Dreizackgesichstkrone lässt es auch gefährlich wirken. Das Pinguinthema ist nicht besonders kreativ allerdings entwickelt es mit Impoleon ein interessantes Finale. 4 von 5 Punkten
Generation 5: Einall
Die fünfte Generation gilt im Allgemeinen als die unbeliebteste Startergeneration. es wird zwar versucht das Evolutionsthema von niedlich zu hart beizubehalten aber es gab hier einige Entscheidungen im Design welche die Generation stark zurückhalten.
Serpifeu, Efoserp, Serpiroyal
Das Pflanzenpokemon kommt als kleine freche Schlange mit 2 Beinen daher. kurioserweise scheint es sich auf dem weg über Efoserp hin zu Serpiroyal zurück zuentwickeln, da die letzte Form keine Beine mehr besitzt. Es sieht auch in der finalen Form aus , als ob es sich gerade aus der Haut pellt. 3 von 5 Punkten
Floink, Ferkokel, Flambirex
Floink sieht schon niedlich aus. Aber hier fehlt wieder einmal das Flammenelement und somit ist es nur ein rotes Schweinchen. Die Zuordnung als Feuerpokemon ist nicht sofort ersichtlich. Es könnte auch Boden sein. Als Ferkokel läuft es auf zwei Beinen und sieht aus wie ein übergewichtiger Ringer. hier hat es aus meiner Sicht schon jeglichen Coolnessfaktor verloren. Flambirex setzt dem ganzen noch die Krone auf. Das Ringerschwein hat nun noch starke chinesische Designelemente erhalten wodurch es kaum noch Verbindende Elemente zur ersten Form aufweist. Ich bin durchaus ein Freund von chinesischem Design aber hier ist man zu stark über das Ziel hinausgeschossen. Immerhin besitzt Flambirex einen Flammenden Kragen. 2 von 5 Punkten
Ottaro, Zwottronin, Admurai
Der Wasserstarter ist aus meiner Sicht ein totaler Fehlschlag. Es gibt garantiert andere Meinung aber ich finde Ottaro absolut nicht niedlich. Es sieht eher traurig aus. Zwottronin macht aus dem traurigen Otter einen Samurai der grimmig schaut. das hat schon einen gewissen Coolnessgrad ist aber auch schon recht speziell. Die dritte Form Admurai kommt dann sehr überraschend und unpassend daher. Es hat absolut nichts otterartiges und will so gar nicht in de Evolution hereinpassen. Den Designern fiel anscheinend keine plausible Weiterentwicklung des Samuraiotters ein und aus Zeitdruck wurde dann irgendwas zusammen gemixt. Für mich der Tiefpunkt. 1 von 5 Punkten
Generation 6: Kalos
Die sechste Generation nimmt eine leichte Variation im Starter-Design vor. Die Drei Anfangspokemon stellen keine eigenständige Idee mehr dar sondern es wird mit dem Thema der Dreifaltigkeit in Rollenspielen experimentiert. Pflanze ist der Krieger, Feuer der Magier und Wasser der Schurke.
Igamaro, Igastarnish, Brigaron
Ich weiß nicht auf was Igamaro basiert aber es sieht sehr lebensfreudig aus mit einem kleinen grünen Eichelhem auf dem Kopf. Bei Igastarnisch entwickelt sich die Eichen schon eher Richtung Ganzkörperpanzer wobei das Pokemon sein Lachen nicht verliert. Brigaron ist dann ein komplett gepanzerter grimmig dreinschauender Ritter. Es wirkt ein wenig so, als ob zwischen der zweiten und dritten Form noch ein Schritt fehlt. 3 von 5 Punkten
Fynx, Rutena, Fennexis
Fynx ist ganz niedlich aber das Grunddesign ist auch nicht besonders kreativ, da Füchse eh schon stark mit der Farbe Rot verbunden sind. Das Flammenelement ist außerdem auch nur durch die Haare welche aus den Ohren kommen angedeutet. Rutena läuft dann auf zwei Beinen und es wächst ein Stock aus dem Schweif? Fennexis stellt im Abschluss ein Pokemon in klassischer Magierpose dar. Der Stock brennt jetzt und wird in der Hand getragen. Das Pokemon hat für meinen Geschmack zu menschliche Charakteristika und das der gesamten Reihe die Haare aus den Ohren quellen wirkt ein wenig unästhetisch. 2 von 5 Punkten
Froxy, Amphizel, Quajutsu
Wasser kehrt mit Froxy als Amphibie wieder mehr zu den Wurzeln zurück. Ein blauer Frosch ist im Grunde nicht besonders kreativ aber es funktioniert gut. Amphizel stellt nur einen Älteren Froxy dar. Es besitzt einen coolen Blick und die Blasen um den Hals sind mehr geworden. Bei Quajutsu verhält es sich wie bei Brigaron schon. Es wirkt als ob da eine Evolution übersprungen wurde. statt Blasen hat das Pokemon auf einmal die eigenen Zunge um den hals? Interessant ist, das der Blautaun im Evolutionsverlauf immer dunkler wurde. Quajutsu hat wenigstens eine coole Ninjapose parat. 3 von 5 Punkten
Fazit
Aus meiner Sicht kann man tatsächlich einen Verfall im Pokemondesign der Starter beobachten. Das Aussehen bietet weniger fremdartige Einflüsse als am Anfang der Serie und gerade an den Wasserpokemon kann man gut die japanische Eigenschaft betrachten, das bei kreativem Problemen gern auf die eigene Historie in Form von Samurai und Ninja zurückgegriffen wird. Der Tiefpunkt war definitiv in der fünften Generation erreicht und in der sechsten konnte man sich , vielleicht auch durch die Fokussierung auf ein Thema, wieder etwas steigern. In Bezug auf die Starter der bald erscheinenden siebten Generation erwarte ich allerdings nach dieser Betrachtung keine Offenbarung. Als Abschluss noch die bisher bekannten ersten Formen der Alola Starter