Kapitel 5
Am nächsten Tag verlasse ich Burgurd mit den ersten Sonnenstrahlen. Meine neu gewonnene Erkenntnis führt mich auf einen Weg, der weiter nach Norden führt. Der Tag hält keine besonderen Überraschungen für mich bereit. Ich komme vorbei an Feldern auf denen Bauern ihrer Tätigkeit nachgehen und mein Mahl besteht aus einer dicken Kartoffelsuppe mit Brot. Ich übernachte unter freiem Himmel und werde auch nicht von seltsamen Träumen geplagt.
Ich stehe auf und packe wieder meine Sachen zusammen, als das erste Licht über den Horizont gekrochen kommt. Da vernehme ich hinter mir ein Schnaufen. ich wirble herum und erblicke ein weißes, stolz und elegant aussehendes Pferd. Aber ist kein Pferd denn es, hat weiße Flügel.Eine lange seidige Mähne weht im Wind auf seinem Hals und es schaut mich erwartungsvoll an. Die blauen Augen scheinen das innerste meines Geistes zu berühren. Wir stehen eine unbestimmte Zeit nur da und schauen uns an. Dann macht das Tier eine Geste mit dem Kopf. Es sieht aus als wolle es, dass ich auf den Rücken steige. Meine Abenteuerlust ist gepackt. Schnell raffe ich all mein Gut zusammen und klettere auf den Pegasus. Mit einem Ruck läuft es an, um sich auch gleich mit einem trompetenähnlichen Wiehern in die Luft zu erheben.
Das Gefühl ist atemberaubend. Der Flugwind macht es mir schwer die Augen offenzuhalten und ich weiß nicht, in welche Richtung wir fliegen. Ebenso wenig kann ich sagen, wie lange wir in der Luft unterwegs sind. Dann bemerke ich, wie wir anscheinend an Höhe verlieren und langsamer werden. Ich kann unter uns eine Burgruine erkennen. Beim Überflug erkenne ich eine kleine Gestalt, die vor einem Troll flüchtet und versucht sich in Trümmerhaufen zu verstecken. Meine Kämpfernatur ist sofort hellwach.
Der Pegasus landet auf dem letzten intakten Turm und ich springe herab. Ich schaue über die Brüstung und sehe, wie der Troll wutentbrannt die Trümmerreste Stück für Stück abträgt unter denen sich, ich kann es jetzt genau erkennen, sich ein verängstigter Gnom versteckt. Ich ziehe mein Schwert, werfe dem Pegasus noch einen Blick zu bei dem ich das Gefühl habe, es würde mir zunicken, und renne die Innentreppe des Turmes herunter so schnell ich kann, ohne zu stürzen. Die Tür zum Innenhof ist schon lange nicht mehr vorhanden und somit gibt es nichts, was meinen Ansturm in den Rücken des Trolls behindern würde. Die Kreatur ist so auf den Gnom fixiert, dass sich mich gar nicht wahrnimmt, bevor es zu spät ist. Volle Wucht ramme ich die gesamte Länge meines Schwertes in den Trollrücken und werde mit einem ohrenbetäubenden Jaulen belohnt. Trolle sind zähe Kreaturen und ich weiß, dass dieser Stoß ihn nicht zur Strecke bringen wird. Mein Schwert steckt zu tief in ihm drin als, dass ich es schnell wieder herausziehen könnte. Ich lasse es darum los und rolle mich nach rechts hinten über die Schulter, als der Troll mit einem wilden Hieb herumwirbelt und mich nur knapp mit seiner Pranke verfehlt. Beim Ansturm hatte ich gesehen, dass in dieser Richtung ein alter Speer auf dem Boden liegt, den ich jetzt greife. In einer fließenden Bewegung lande ich auf meinen Füßen in der Hocke, den Speer in der Hand bereit zum töten. Ich lege meine gesamte Kraft in den Stoß und ramme die verrostete Metallspitze direkt durch den Rachen in seinen hässlichen unförmigen Kopf. Der riesige Muskelberg verliert von einem Moment auf den anderen seine komplette Körperspannung und fällt mit einem dumpfen Schlag nach hinten über. Auch ich gönne es mir jetzt meinen Körper zu entspannen. Der Gnom lugt erleichtert unter den Trümmern hervor und der Pegasus trompetet noch einmal, um danach in die Lüfte zu entschwinden.